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Da wo ich herkam und das was ich geworden bin

  • Autorenbild: thestoryofmylife
    thestoryofmylife
  • 25. Mai 2020
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Okt. 2020


Heutzutage müssen Menschen nur noch funktionieren.

Wir stehen dauernd unter wahnsinnigen Druck von außen. Jeder verlangt das Beste von uns, aber das ist uns manchmal zu viel. Das kann zu einem Burnout oder auch zu jahrelangen Depressionen führen. Besonders bei traumatisierenden Erlebnissen fällt es Betroffenen nicht leicht das Erlebte zu vergessen. Die Vergangenheit holt einem ständig ein.


Ich glaub ich war 14 Jahre alt, als ich die ersten Anzeichen bemerkte. Da hatte ich zum ersten Mal den Gedanken, nicht mehr leben zu wollen. Natürlich kam der Gedanke nicht einfach so. Die Depression kam auch nicht sofort. Sie hat sich über Jahre entwickelt und breitete sich immer mehr aus. Ich dachte oft, ich wäre sie los. Sie kam aber immer wieder. Ich weiß gar nicht mehr wie ich ohne sie war. Ich kannte mich nie anders.

Meine Eltern hatten abwechselnd ihre Probleme mit Heroin und Alkohol. Sie trennten sich drei oder vier Jahre nach meiner Geburt. Als Mamas Suchtproblem immer schlimmer wurde, verschlechterten sich auch meine Schulnoten. In meiner Schule fiel langsam auf, dass ich familiäre Probleme hatte und das Jugendamt schaltete sich bald ein. Ich kam für ein paar Wochen in ein Krisenzentrum. Eine Unterbringung der MA11 für Kinder in Krisensituationen. Dort wird entschieden, ob ein Kind wieder zurück nach Hause darf (wenn sich die Lage gebessert hat) oder ob es in eine dauerhafte Unterbringung muss (Wohngemeinschaft/WG, Kinderheim, Pflegefamilie). Ich war natürlich das Kind mit Pech, das in ein Kinderheim gehen musste. Weit, weit weg.

Kinderheim Edelhof, Niederösterreich

Es war 2003 und ich kam in ein Klosterkinderheim in NÖ. Rund 40 Kinder haben dort zu meiner Zeit gewohnt, zusammen mit den Klosterschwestern. In jeder Gruppe waren auch noch vier bis fünf Erzieherinnen.

Von Zuneigung und Liebe war dort keine Spur. Mir wurde körperlich als auch seelisch weh getan.

Die Schwestern haben so oft gebetet, aber so vielen Kindern weh getan. Sie waren verlogen und haben alles versucht zu vertuschen. Den Kindern glaubte ja schließlich keiner. Sie haben mir mit 8 Jahren vermittelt, dass meine Mutter ein Niemand ist, weil sie in ihren Augen immer ein Ex-Alki war. Man wollte mir den Kontakt zu meiner Mama komplett verwehren. Sie wurde niemals handgreiflich gegen mich, also verstand ich den Sinn dahinter nicht. Als ich 2009 vom Heim entlassen wurde, hatte ich noch fünf Jahre mit Mama...dann starb sie.

Mir wurde die Zeit mit ihr genommen.


Ein 2012 veröffentlichter Bericht über die 10 schlimmsten Kinderheime in Österreich. Das Kinderheim , der Edelhof stand mit drauf. Auch einige Nonnen, die darin vorkamen, erkannte ich am Namen wieder. Es war erschreckend zu lesen, was an dem Ort alles Schlimme passierte, an dem ich aufgewachsen bin. Die Strafmethoden erinnerten schon an Folter. Heute würden viele Dinge unter Kindesmisshandlung fallen, wenn ich alles auflisten würde.

Fast 7 Jahre bzw. 77 Monate habe ich dort verbracht. Die ersten Wochen im Heim hatte ich starke Essprobleme. Ich bekam keinen Bissen runter. Ich hatte ständig diesen Kloß im Hals, wenn man kurz vorm Weinen ist. Ich hatte jeden Tag Heimweh. Meine Mama hatte keine Chance mich je wieder zurück zu bekommen.




2009 wurde ich im Alter von 15 Jahren vom Heim entlassen und kam in eine WG des Jugendamts. In den drei Jahren bis zu meinem 18. Geburtstag war ich noch zwei Mal in WGs, im Mutterkindheim und nochmal im Krisenzentrum. Von meinem 8. bis zu meinem 18. Lebensjahr hatte das Jugendamt die Obsorge für mich und bestimmte über mein Leben. Ich war überfordert, als ich mir einen Lehrplatz suchen sollte. Für mich wurde immer alles entschieden. Das Jugendamt entschied ständig über meinen Kopf hinweg. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals gefragt wurde, was ICH will. Also hatte ich auch keine Ahnung welcher Beruf mich interessiert und wo ich mich bewerben sollte. Als Kind wollte ich Frisörin werden, genau wie meine Mum. Eine gemeine Erzieherin vom Heim sagte mal:" Du möchtest so eine billige Frisöse werden wie deine Mutter? Such dir einen anständigen Job!" Das verletzte mich damals sehr. Meine Mama war mein Anker, mein Halt und meine Lieblingsperson. Die Erzieher und Nonnen vom Kinderheim sprachen selten ein gutes Wort über sie, aufgrund ihrer Vorgeschichte. Trotz allem war sie meine Mama.

Nach der Zeit im Kinderheim besuchte ich meine Mutter fast täglich. Sie war mein Zufluchtsort, wenn ich wem zum Reden brauchte. Egal welchen Blödsinn ich angestellt hatte, sie hat mich niemals verstoßen.


 
 
 

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