Einmal Mutter und zurück!
- thestoryofmylife
- 11. Juni 2020
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Okt. 2020

In diesem Blog schreibe ich über die Zeit mit meinem ersten Kind, als ich 17 Jahre alt war. Es war ein sehr schwerer Teil meines Lebens, mit dem ich bis heute noch kämpfe. Ich bereue meine Entscheidung aber bis heute nicht, auch wenn es viele nicht verstehen können. Natürlich hätte ich es mir anders gewünscht, aber man muss das Leben so nehmen wie es kommt. In meiner damaligen Situation war es einfach das Richtige.

Mit 16 schwanger...
Es war die Woche zwischen Weihnachten und Silvester im Jahr 2010, als ich den positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt. Mein erster Gedanke war "Wie sage ich das bloß meinen Eltern?" Mein damaliger Freund und ich haben sich aber irgendwie über dieses Ergebnis gefreut, da wir Heimkinder waren und beide keine Bilderbuchfamilie hatten. Wir wollten unsere eigene kleine Familie haben. Einen Tag nachdem ich den Schwangerschaftstest gemacht hatte, fuhren er und ich zu meiner Mama, um ihr die "frohe" Botschaft mitzuteilen. Ihren Blick, als sie den positiven Test sah, werde ich nie vergessen. Es war für Mama natürlich ein Schock, dass ihre Tochter schon so früh schwanger war. Sie fragte mich, was ich nun tun werde und ich sagte ihr ehrlich, dass ich das Kind behalten möchte. Sie versuchte es mir auch gar nicht lange auszureden, denn sie wusste wie stur ich sein konnte und ich die Wahrheit nur schwer akzeptieren würde. Der Rest meiner Familie hingegen, riet mir zu einer Abtreibung, die mir aber niemals in den Sinn kam. Ich war mir sicher! Mein Vater erfuhr es durch meine Oma. Ich traute mich es ihm nicht zu sagen, weil ich irgendwie schon wusste, dass er durchdrehen würde. Ist ja nicht so, als hätte er viel beigetragen in meinem Leben. Doch das konnte er nicht verstehen. Irgendwie auch verständlich. Aus heutiger Sicht wäre ich auch nicht gerade froh, wenn meine Tochter so früh Kinder bekommt. Dennoch würde ich sie so gut wie möglich unterstützen, was meine Mama bei mir auch tat, doch mein Vater überhaupt nicht. Er ließ das Türschloss auswechseln, sodass ich nicht mehr nach Hause zu ihm konnte. Zwei Monate hatten wir keinen Kontakt, weil er so geschockt über meine Schwangerschaft war. Meine Mutter hingegen, akzeptierte meine Entscheidung ziemlich schnell und ich war bei ihr jederzeit willkommen. Ich wohnte zu diesem Zeitpunkt in einer WG des Jugendamts. Die Betreuer dort waren natürlich auch nicht begeistert. Ich wurde gleich für das Mutterkindheim angemeldet. Dort musste ich im 7.Monat der Schwangerschaft hinziehen.

Die Geburt
Am 27. August 2011 war der errechnete Geburtstermin meiner Tochter. Am 7. September hatte ich eine Untersuchung im Krankenhaus Göttlicher Heiland. Da noch keine Spur von Geburtswehen waren, bekam ich einen Wehen-Cocktail, den ich zu Hause trinken sollte. Es war ein Gemisch aus Rizinusöl, Orangensaft und Cognac. Ich trank ihn abends im Mutterkindheim vor dem Schlafen gehen. Am 8. September 2011 um 1 Uhr nachts begannen die Wehen. Die Betreuerin rief die Rettung und die brachten mich ins Spital. Um 4 Uhr platzte meine Fruchtblase, weil eine Hebamme bei der Untersuchung im Intimbereich sie aus Versehen aufstach. Meine Jogginghose war durchnässt, aber ich hing am CTG, also musste ich noch eine Weile liegen bleiben. Der Kindesvater kam endlich im Spital an und kurz danach auch meine Mutter. Im Krankenhaus Göttlicher Heiland durften bei der Geburt einer Minderjährigen zwei Angehörige mit im Kreißsaal dabei sein. Ich war bei der Geburt 17 Jahre alt. Ich besuchte auch wöchentlich den Young-Mum Schwangerschaftskurs, den sie dort anboten.
Vier Stunden vor der Geburt bekam ich einen Kreuzstich (PDA), der meine Wehen etwas lindern soll. Schmerzmittel sind toll, vor allem während einer Geburt. Ich würde immer wieder einen Kreuzstich haben wollen. Ich hatte aber auch riesige Angst davor.
Irgendwann minimierte die Hebamme die Dosis der PDA und ich spürte die Presswehen von einer Sekunde auf die andere im vollem Ausmaß. Mein damaliger Freund brachte mir gerade Brot aus der Küche, da ich so hungrig war. Als er zurück kam, lag ich schreiend mit Schmerzen im Bett. Ich werde nie seinen geschockten Blick vergessen, als er mit der Brotscheibe in der Hand in der Tür stand und nicht wusste was plötzlich abging. Vor zwei Minuten war noch alles friedlich, aber die Hebamme musste die Geburt voran treiben. Ich hatte bereits seit 17 Stunden Wehen. Ich war erschöpft. Als es los ging, wurde meine Mutter schnell dazu geholt. Die Geburt war für mich eine schlimme Erfahrung. Ich hatte noch nie in meinem Leben solche Schmerzen. Ich dachte in dem Moment, dass ich sterbe.

Wie viel Schmerz kann ein Mensch aushalten? Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich das überlebe. Ein Arzt, zwei Hebammen, der Kindesvater und meine Mutter hielten mich alle fest, weil ich vor Schmerzen so wild um mich schlug. Als es vorbei war bzw. als meine Tochter da war, realisierte ich gar nicht was los war. Ich dachte nur an die schlimmen Schmerzen und hatte völlig vergessen, dass das alles für mein Baby war. Ich war so erleichtert. Die Hebamme fragte mich, ob ich sie halten möchte. Viele Teenager tun sich schwer nach der Geburt sofort eine Bindung zu ihrem Baby aufzubauen und können oder wollen sie im ersten Moment gar nicht halten. Als ich mit meinem Verstand wieder halbwegs da war, streckte ich sofort die Arme in Richtung meines Babys. Man legte sie mir unter mein Nachthemd auf meine Brust. Sie war so warm und weich und roch noch ganz frisch.
Fast zwei Wochen zu spät, am 8. September um 17:44 Uhr war Michelle Destiny geboren. Sie wog 3755 Gramm und hatte eine Größe von 50 cm. Meine Mama war nach der Geburt im Kreißsaal nur mehr am Fotografieren, weil ich ihr Monate zuvor schon sagte, dass sie den Fotoapparat mit bei sich haben muss.
Kurz nach der Geburt fiel ich in ein schwarzes Loch. Ich war eher depressiv anstatt glücklich. Ich fühlte mich alleine schnell überfordert. Der Kindesvater war mir zwar keine große Hilfe, aber seine Anwesenheit reichte schon, um mich nicht ganz alleine zu fühlen. Wir trennten sich kurz nach der Geburt, weil ich es nicht mehr schaffte mich um seine Probleme zu kümmern, jetzt da ich noch zusätzlich ein Baby hatte. Vielleicht hatte ich so eine Wochenbett-Depression, die Mütter nach der Geburt plötzlich haben können. Aber meine Depression blieb. Sie ging einfach nicht weg. Ich litt zusätzlich unter fast täglichen Panik-Attacken. Ich war Stammkundin in den Wiener Spitälern. Mein Baby musste ich immer bei den Betreuerinnen unten im Büro abgeben, wenn ich mal wieder ins Spital musste. Sie war zwar noch ein Baby, aber selbst meine kleine Tochter merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie schlief nachts auch nicht mehr gut, weil ich meistens nicht da war. Das konnte nicht so weiter gehen. Ich wusste nicht wann ich wieder gesund war.

Die schwerste Entscheidung meines Lebens....meine Tochter in eine andere Familie zu geben, damit sie es mal besser hat. Michelle Destiny, meine damals fünf Monate alte Tochter war noch so klein und verstand noch nix. Ich wartete bis eine Betreuerin, die ich mochte, Dienst hatte und sprach mit ihr. Ich fragte sie wie ich das alles weiterhin schaffen sollte. Ich war 17 und allein erziehend. Die Betreuerin hatte bereits mitbekommen, wie überfordert ich mit meiner ganzen Situation war. Sie schlug mir vor, Michelle solange in eine Pflegefamilie zu geben, bis es mir wieder besser ging. Ich stimmte nach einem Zögern zu, denn ich war mir sicher ich würde bald wieder gesund werden. Am nächsten Morgen musste ich mich von meiner Tochter verabschieden, denn das Jugendamt war schon da und holte sie ab. Ich sagte, dass ich es nicht schaffe mich zu verabschieden, aber die Betreuerin zwang mich und ich war froh, dass sie mich überredete. Es war so schwer sich von seinem eigenen Kind zu verabschieden. Die anderen Mädchen, die hier wohnten beschimpften und beleidigten mich. Sie verstanden nicht wieso ich mein Kind hergegeben habe. Ich blieb noch zwei Tage im Mutterkindheim, bis ich in ein Krisenzentrum kam. Nach ein paar Wochen im Krisenzentrum in Nußdorf, kam ich wieder in die selbe WG wie vor dem Mutterkindheim. Aber dort war ich nur mehr ein halbes Jahr bis zu meinem 18.Geburtstag. Ich übernachtete aber schon wieder nie in der WG.
Ich wollte einfach weg von Jugendämter und WGs.
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